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Kunst als eine Plattform zur Verständigung zwischen den Kulturen und ein Ort des Treffens vieler Sprachen

Kunst als eine Plattform zur Verständigung zwischen den Kulturen und ein Ort des Treffens vieler Sprachen

Die Kunst ist dank des Internets, sozialer Medien, der mobilen Leichtigkeit und der breit verstandenen Globalisierung überkulturell geworden. Es hat keine Bedeutung mehr, woher man kommt und wo man lebt. Wir können heute Künstler kennenlernen und deren Kunst kaufen ohne das Haus zu verlassen. Doch meines Erachtens lohnt es sich Hindernisse zu überwinden, um der Kunst persönlich zu begegnen.

Die Domäne der Künstler/innen ist Reisen und Sammeln von Inspirationen, die sich dann in ein kreatives Tun verwandeln. Das Auge braucht immer wieder neue Reize und lebt von Bildern, Tönen, Emotionen und Erfahrungen. Einige von uns reisen im eigentlichen Sinne und nutzen viele Möglichkeiten der internationalen Kunstresidenzen. Die anderen sättigen ihre Phantasie über die Natur, Film, Literatur oder Musik, ohne den Wohnort allzu sehr zu verlassen. Einige von ihnen „reisen“ vor dem Bildschirm des eigenen Computers, zum Beispiel über Google Street Views. Das ändert nichts daran, dass das Handlungsschema seit langem grundsätzlich ähnlich bleibt: unruhiger Geist sucht ständig nach Entwicklungsmöglichkeiten, nach neuen Kontakten und Inspirationen. Denn noch vor Jahrhunderten waren die Reisen von Künstlern/innen über Europa und sogar exotische Reisen sehr weit verbreitet. Es scheint so, als wäre die ständige Mobilität für den schöpferischen Prozess notwendig. Es ist inzwischen sogar ein Teil der künstlerischen Arbeit, auf Reisen nach Inspirationen zu suchen. Sicher ist, dass die Kunst keine Stagnation duldet und ein/e Künstler/in sollte, um sich zu entwickeln, die Komfortzone des lokalen Umfelds verlassen und zumindest für eine kurze Zeit emigrieren, um dem Neuen zu begegnen.

Künstler/innen wechseln häufig ihren Wohnort und übertragen auf diese Weise ihre eigenen Erfahrungen auf eine fremde Umgebung. Zugleich schöpfen sie aus einer fremden Kultur. Für viele bedeutet das eine Revolution in der Art des Denkens und des Sehens. Die Stile und die Farben verändern sich, neue Ideen tauchen auf. Denn eine andere Atmosphäre und ein anderer kreativer Gärstoff entsteht etwa in Berlin, ein anderer in Warschau und noch ein anderer in London oder New York…

Die Künstler/innen wissen um die Vorteile, die solche Reisen mit sich bringen und schöpfen voll aus den Möglichkeit der Kreativresidenzen. Meist haben sie die Form von Wettbewerben, so dass man in diesem Rahmen die Gelegenheit zur Arbeit in einem weit entfernten oder exotischen Ort bekommen kann. Die so entstandenen Werke resultieren häufig aus den angetroffenen Bedingungen und Kultur. Das Ergebnis ist das Treffen des Hinzugekommenen mit dem vor Ort Vorgefundenen. Für viele schaffende Nomaden stellt das Leben mit dem Koffer selbst ein Kunstprojekt dar. Sie leben und schaffen ihre Kunstwerke abwechselnd an unterschiedlichen Orten und ihre Kunst ist unzertrennlich mit deren Leben verbunden.

Auch polnische Künstler/innen nutzen die sich ergebenen Möglichkeiten. Nach Jahren der geschlossenen Grenzen gehört nun die Lust an der Exploration des Fremden und Kontakt mit dem Anderen zur natürlichen Tatsache. Die Kunst scheint keine Grenzen zu kennen und wurde in den heutigen Zeiten zur Plattform der Verständigung über die Grenzen hinweg.

Berlin ist das Mekka der Kunst und ein Schmelztiegel der Kulturen. Die Stadt inspiriert und zieht Künstler/innen aus der ganzen Welt an. Deshalb lohnt es sich, ihr sich ständig verändernde, dynamische und inspirierende Umfeld kennenzulernen. Aktuell gibt es in Berlin ca. zwei Hundert Museen und fast sechs Hundert kommerzielle Galerien. Hinzu kommen nicht öffentliche und unabhängige Initiativen. Die Auswahl ist enorm. Insbesondere Berlin Gallery Weekend, das jährlich im Mai sowie Berlin Art Week, die im September stattfinden, geben den Besuchern die Gelegenheiten, das Gesamtbild der zeitgenössischen Kunst kennenzulernen. Während dieser Events können wir völlig allein und lediglich mit einer Karte ausgestattet viele kleine Galerien, oft ohne Eingangsschilder, irgendwo in kleinen, versteckten Gassen entdecken. Ein anderes Mal können wir uns von den riesigen, im industriellen Stil eingerichteten Räumen der größten Galerien überwältigen lassen, an denen Berlin ebenfalls nicht mangelt. Ich bin mir sicher, dass beide Erfahrungen sehr aufregend und eine Alternative zu sonstigen Routinen am Wochenende werden können. Zudem zieht Berlin Street Art Künstler/innen aus der ganzen Welt an, so dass die Straßen in Kreuzberg, Neukölln und in anderen Künstlerbezirke die Passanten mit ihren bunten Wänden überwältigen. Man könnte sagen, dass die ganze Hauptstadt ein großes künstlerisches Unterfangen darstellt. Im Bezirk Schöneberg entsteht aktuell das erste Street Art Museum in der Welt (Museum for Urban Contemporary Art), dessen Eröffnung für Mitte des Jahres geplant ist.

Nur wenige Menschen interessieren sich für Kunst. Niemand hat Einwände gegen den Kauf von Büchern, Platten, gegen Konzert- oder Theaterbesuche. Es scheint aber, als ob ein Besuch einer Vernissage etwas weniger populär wäre. Jedes Kunstwerk hat aber seine eigene Geschichte, hinter ihm steht nicht nur die Gestalt des/der Künstlers/in, sondern es kann auch aktuelle Ereignisse wiederspiegeln. Diese Einflüsse kennenzulernen und mit dem/der Künstler/in auf einer Vernissage ins Gespräch zu kommen, kann deshalb sehr interessant sein. In vielen Städten werden Tage der Offenen Tür oder Gruppenausflüge zu den Ateliers der ausgewählten Künstler/innen organisiert. Dies gibt den Besuchern die Möglichkeit, den kreativen Prozess „von der Küchenseite“ zu sehen und zugleich die weit verbreitete Vorstellung von einem/einer Künstler/in als einem Menschen voller Süchte, etwas verrückt, nicht angepasst und irgendwie am Rand der normalen Gesellschaft lebend, zu ändern. Denn was soll man von jemandem denken, der nicht jeden Tag arbeiten geht und sein Geld mit „Pinselbewegungen“ oder mit der Arbeit mit Ton verdient? Heutzutage weicht dieses alte Image stark von der Realität ab, denn um diesen Beruf professionell zu betreiben, darf man nicht allzu lange abheben. Ein/e Künstler/in ist, zumindest zu Beginn seines künstlerischen Weges, zugleich sein/e eigene/r Manager/in, Fotograf/in und Entwerfer/in.

Die Kunst ist für mich zugleich elitär und egalitär. Dieses Paradox hat viele Vorteile für den Betrachtenden, denn um Vernissage zu besuchen, benötigt man weder Kontakte, noch Finanzmittel, oder Gesellschaft. Die Kunstgalerien sind allgemein zugänglich und die kommerziellen Galerien verlangen meist keinen Eintrittspreis. Das Elitäre erlaubt es, sich zumindest kurz vom Alltag zu erholen und in einer Parallelwelt des Geistes und der Phantasie zu verweilen. Über den Kontakt mit dem Kunstwerk begeben wir uns zugleich auf die Reise mit dem/der Künstler/in selbst, der/die sich in ständiger Bewegung befindet und uns in weite Weltregionen oder in sein/ihr eigenes Inneres begleitet. Nur vom Betrachtenden hängt es ab, ob er einen Dialog beginnen möchte. Nicht ohne Grund sagen manche: Die Kunst sei die Religion unserer Zeiten.

Autorin:  Agata Czeremuszkin-Chrut

 

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